Eine Einladung in den Dannenröder Wald

Wenn ich morgens aufwache, fällt mein erster Blick in die Baumkronen, die von der Morgensonne angestrahlt werden. In mir streiten sich die Dankbarkeit, in dieser Umgebung den Tag beginnen zu dürfen und die Angst vor den nächsten Wochen. Denn dieses Zuhause, das ich mit meinen eigenen Händen etwa 14m über dem Boden gebaut habe, soll zerstört werden.

Eine Stimme aus dem Danni

Ein klimapolitisches Desaster

Ich wohne im Dannenröder Wald. Der Danni ist seit einem Jahr besetzt, weil er für den Weiterbau der A49 von einer Asphaltwüste durchschnitten werden soll. Bereits seit 40 Jahren gibt es Pläne für den Bau einer Autobahn, und genauso lange gibt es Widerstand dagegen. Doch jetzt will die hessische schwarz-grüne Landesregierung diese Pläne umsetzen. Und das in einer Zeit der Hitzesommer und Dürrejahre, in der der Klimawandel bereits grausame Realität ist und in der wir ohne Tempolimit auf eine Klimaerwärmung von weit mehr als 2 Grad zurasen. 

In Deutschland entfallen 18% der Treibhausgasemissionen auf den Verkehrssektor. Es ist ein klimapolitisches Desaster, einen lebendigen Wald zu zerstören. Wertvoller Boden geht durch die Flächenversiegelung verloren, und der Verkehr in der Umgebung wird nicht wie behauptet abnehmen, sondern sich verstärken und die Umgebung mit Feinstaub und Lärm belasten. Außerdem soll die A49 durch ein Trinkwasserschutzgebiet verlaufen, wodurch die Trinkwasserversorgung einer halben Million Menschen gefährdet ist. 

Das Oberverwaltungsgericht in Leipzig hat den Klägern vom BUND im Juni zugestimmt, dass der Bau dieser Autobahn heute so nicht mehr genehmigt werden würde. Trotzdem wurde ein Baustopp als unverhältnismäßig bewertet und der Weiterbau durch zwingende öffentliche Interessen gerechtfertigt. Ich frage mich: Wer ist Teil der Öffentlichkeit, in deren Interesse diese Autobahn gebaut werden soll? Die Menschen in den Ländern des globalen Südens sind nicht Teil dieser Öffentlichkeit. Meine Generation ist nicht Teil dieser Öffentlichkeit, und noch weniger sind es die Generationen nach uns.

Wir übernehmen die Verantwortung

Was hier passieren soll, ist keine Politik für die Menschen, sondern für Konzerne wie Ferrero, die in der Nähe der geplanten Autobahn ansässig sind und sich durch eine bessere Anbindung höhere Profite erhoffen. Der Bau dieser Autobahn ist Teil der kapitalistischen Wirtschaftslogik, in der immer längere Produktions- und Lieferketten die Autobahnen mit LKW füllen. 

Und weil die institutionalisierte Politik es nicht schafft, Verantwortung zu übernehmen und ein zukunftsfähiges Mobilitätsnetzwerk zu gestalten, übernehmen wir diese Verantwortung und besetzen den Wald.

Freiräume schaffen, Gesellschaft gestalten

In diesem Wald haben sich Menschen zusammengefunden, die bereit sind, den Luxus von fließendem Wasser und unbegrenztem Strom hinter sich zu lassen, um gemeinsam für ein besseres Leben für alle zu kämpfen. Für uns ist es aber nicht nur ein Zurücklassen der Annehmlichkeiten, sondern auch ein Zurücklassen der Dogmen, die wir alle seit unserer Geburt aufgesogen haben, und die uns die Alternativlosigkeit der bestehenden Welt- und Wirtschaftsordnung predigen. Dieser Wald ist auch ein Ort, an dem Menschen lernen, frei zu denken und aktiv eine Gesellschaft zu gestalten, in der Menschen rücksichtsvoll miteinander umgehen und Verantwortung für ihr Handeln übernehmen.

Das fängt schon im einfachen Zusammenleben hier an. Der Alltag besteht aus dem Bau von Baumhäusern und Barrikaden, aber auch aus ganz viel Care-Arbeit – wir müssen die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und Strom organisieren, und uns umeinander kümmern, um die Kraft für den Widerstand zu behalten. Dabei versuchen wir, Aufgaben gerecht zu verteilen, Hierarchien abzubauen, und unsere Fähigkeiten miteinander zu teilen. Und in den kleinen Momenten des Friedens, in denen wir uns sicher fühlen und die Polizei uns nicht durch den Wald scheucht, singen und tanzen wir zusammen, erzählen uns Geschichten und träumen von der Zukunft.

Eine Einladung

Ich möchte dich ganz herzlich einladen, diese Gemeinschaft zu unterstützen und dich in den nächsten Tagen über die verschiedenen Aktionen auf dem Laufenden zu halten. Genau jetzt ist der Zeitpunkt, in den Wald zu kommen und ihn zu schützen. Denn wenn wir nicht mehr hier sind, gibt es nichts mehr, was zwischen den Bäumen und den Kettensägen steht.

Ich werde den Wald verteidigen. Du auch?


Autorin: Robin H.

2 Kommentare

  1. Moin Menschen der Bäume ?????☀️??????????

    Wir sind in Gedanken und ❤️???

    Bei euch

    Bis gleich zur Demo 12. 00 Uhr heute

    Leo Sec.

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