Anderthalb Monate Askese

Von Enite:

Seit dem 1. März 2017 faste und verzichte ich unter anderem auf die folgenden Sachen:

  • tierische Produkte (Milch, Käse, Joghurt etc. – Fleisch esse ich ohnehin nicht)
  • Alkohol
  • Zucker und Süßigkeiten
  • Kaffee / Koffein
  • Thein
  • Palmöl, Palmfett

Mindestens einmal im Jahr führe ich einen Verzichtsmonat durch, um mich im Verzicht zu üben. Ich möchte mir ins Bewusstsein rufen, wie gut es mir angesichts des hiesigen Überflusses, günstiger Preise für teure Güter und meiner Privilegien doch eigentlich geht. Und: Zu wissen, dass ich verzichten kann, gibt mir Energie und Selbstbewusstsein.

Die erste Woche war hart, doch dann ging es steil bergauf. Meine Müdigkeitstiefs wurden weniger krass, meine „Morgenmuffligkeit“ nahm ein wenig ab, mein Schlaf wurde tiefer (mein Kind bekommt mich dennoch weiterhin wach). Inzwischen habe ich sogar „natürliche Hochphasen“, in denen ich mich so fühle, als hätte ich gerade einen grünen Tee oder gar einen Kaffee getrunken. Vor allem in der Uni, in der Bib und auf der Arbeit motiviert mich dieser Schub ungemein.
Urlaub ohne Kaffee und Kuchen?

Nachdem ich vor zwei Wochen, als ich zusammen mit Partnerin und Kind im Urlaub war und sehr viele Menschen um mich herum Kaffee und Kuchen genossen haben, plötzlichen Heißhunger und -durst auf eben genau diese Köstlichkeiten hatte, war ich umso mehr von der Notwendigkeit überzeugt, bis zum Ende der Fastenzeit durchzuhalten, um auch diese Phase zu überstehen und um mit einem guten und reinen Gefühl ins Mitte April beginnende Sommersemester zu starten.

Am 14. April hat meine Tante Geburtstag, die nicht nur sehr guten Kuchen backt, sondern obendrein leckeren Kaffee macht. Dieses Ereignis wird mein Tag des Fastenbrechens, worauf ich mich schon sehr freue.
Askese statt Konsum

Abstinenz, Verzicht und Askese sind in meinen Augen und für mich Wege, um mich zurückzubesinnen auf das Wesentliche im Leben; um mich zu lösen von all dem Überfluss und von all den Begehren, denen ich anhafte; um mir nicht nur bewusst zu werden, dass es auch „ohne“ geht, sondern um darüber hinaus dieses „Ohne“ gut und geil und großartig zu finden und es zu zelebrieren.

Denn auch wenn der Konsum von Luxus- und Genussmitteln wie Alkohol, Kaffee, Fleisch & Co. für viele von uns Alltag und selbstverständlich geworden ist darf uns dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass für die allermeisten Menschen auf diesem Planeten diese wertvollen Produkte, Rohstoffe und Güter nicht nur alles andere als selbstverständlich (sondern eben Luxus und Genuss) sind, sondern auch, dass sie auf Ausbeutung basieren. Was meint ihr, warum Kaffee oder Fleisch so (zu!) günstig sind? Weil Bäuer*innen und Produzent*innen schlecht bezahlt werden! Weil Tiere und Natur wie Dreck behandelt werden! Weil die wirklichen Kosten inklusive der ökologischen Folgen nicht im Preis enthalten sind!

Ich werde bald sechs Wochen auf sämtliche dieser und weitere wertvollen Güter verzichtet haben, um mir diesem Missverhältnis bewusst zu werden, mein Konsumverhalten stetig anzupassen und um mir mehr denn je meine Privilegien vor Augen zu halten.

Ich werde bald sechs Wochen auf alle tierischen Produkte verzichtet und mich vegan ernährt haben, da dies nicht nur meiner Gesundheit zugutekommt, sondern auch der Umwelt. Denn natürlich ist ein veganer Ernährungs-, Kleidungs- und Lebensstil ökologisch nachhaltiger als einer, der Fleisch, Käse, Leder und mehr beinhaltet. „Hätten alle Menschen den Umweltverbrauch eines Deutschen, wären 2,5 Erden zur Bedarfsdeckung nötig.“

Dies sollte uns zu denken geben – und zeigt darüber hinaus, dass wir alle zusammen ganz individuell sehr wohl etwas tun können, um die globale Klimaerwärmung zumindest zu verlangsamen. Darüber hinaus braucht es aber natürlich ein Umdenken und -handeln in der Politik, Wirtschaft und Industrie. Um genau dies zu erreichen reicht es natürlich nicht aus, einfach nur zu verzichten, seinen ökologischen Fußabdruck zu verringern und beispielsweise bestimmte Konzerne wie Nestlé, Coca-Cola, Danone, Unilever, Kraft, Müller & Co. zu boykottieren. Mindestens genauso wichtig – wenn nicht noch wichtiger – ist der politische Protest und Widerstand, der mit Verzicht, Boykott und – nicht zu vergessen! – Bildungsarbeit einhergehen muss.

Wer am Ende, nachdem eine Naturkatastrophe nach der anderen folgt und ganze Länder überschwemmt sein werden, die Zeche zahlt ist klar – die anderen; jene an und unter der Armutsgrenze, diejenigen, die vor allem produzieren anstatt konsumieren und einfach alle Menschen, die am wenigsten dafür können. Ist es nicht so?

Doch solange wir einen ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen und gesunden Weg finden, können wir die Welt noch retten. Ähnliches sagten auch Die Ärzte:

 

„Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist. Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.“

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