Die Internationale Automobil Ausstellung (IAA) hat sich in diesem Jahr unter dem Namen „IAA Mobility“ daran versucht ihr Image in Richtung eines zukunftsfähigen Mobilitätskonzepts aufzubessern. Mit ihrem Auftreten und der Umsetzung der Veranstaltung hat sie allerdings das genaue Gegenteil bewiesen.
Bei der Fahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr durch München, konnte man der IAA an keiner Haltestelle entgehen. Riesige Plakate, die SUVs als Zukunft der Mobilität verkaufen und die IAA als soziales Event darstellen. Daneben auf jeglichen Plätzen große Stände mit auf Hochglanz polierten Autos, die öffentlichen Raum einnehmen.
Neben dem Fokus auf E-Mobilität wollte die IAA auch mit einer Halle nur für Fahrräder ein Bild der Nachhaltigkeit schaffen. Dass zu keinem Zeitpunkt verstanden wurde, wie eine nachhaltige und sozialgerechte Mobilitätswende auszusehen hat, zeigte zum einen die Tatsache, dass auch bei der E-Mobilität der Fokus weiterhin auf SUVs gelegt wird, aber auch die Verfügung über den städtischen Raum und der Umgang mit Protest.
Wie sehr die Politik hinter der Autolobby steht und sich damit gegen eine Mobilitätswende richtet, zeigt auch der Besuch von Kanzlerin Angela Merkel bei der Eröffnung der IAA. Sie lobte besonders die neuen Konzepte der IAA und auch die Bemühungen der Branche um eine klimaneutrale Zukunft. Die Ironie erklärt sich von selbst und zeigt auf charmante Art und Weise den Einfluss der Autolobby.
Wir haben uns am Wochenende in München gegen die Kumpanei von Autolobby und Politik und gegen den Autokapitalismus gestellt. Mit der Forderung nach Klimagerechtigkeit und einer sozialen Mobilitätswende waren wir mit 25.000 Menschen zu Fuß und auf dem Rad unterwegs und haben damit, wie schon vor zwei Jahren, der IAA gezeigt, wem der städtische Raum eigentlich gehört und wie er in Zukunft zu nutzen ist.
Im BUNDjugend Camp „Mobilität der Zukunft“ haben wir uns mit BUNDjugendlichen aus ganz Deutschland zusammen gefunden. Am Freitag Abend haben wir uns dort auch auf die Demo vorbereitet und sind die Planung noch einmal gemeinsam durchgegangen. Im Camp war die Stimmung daher aufgeregt, aber auch gemütlich. Die ankommenden Menschen aus ganz Deutschland wurden begrüßt und die ersten neugierigen Gespräche haben sich zusammengefunden. Beim Plenum am Abend wurde die Aufbruchsstimmung deutlich und die Spannung auf den nächsten Tag größer. Mit Crêpes und Getränken haben wir den ersten Tag am Lagerfeuer ausklingen lassen und sind dann mit hohen Erwartungen und einigen Sorgen ins Zelt geschlüpft.
Schon am Freitag fiel das rabiate Verhalten der Polizei gegen einige Aktivisti auf. Es kam unter anderem zu Pfefferspray-Einsätzen und dem Festhalten von Personen aufgrund von Flyern im Rucksack. Trotzdem war das Polizeiaufgebot rund um unsere angemeldeten Demos erschreckend und auf gewisse Weise überraschend, da wir ja vorhatten, legal und friedlich für den Klimaschutz zu protestieren.
Massen von Polizeiwagen in der ganzen Stadt und eine Demo die von Polizisten umrandet wurde, wie von einer schwarzen Mauer. Ein Gefühl von Überwachung und Beobachtung hat sich bei allen Aktivisti bemerkbar gemacht. Allein die Anreise nach München war für viele schon angespannt, weil sie noch am Bahnhof kontrolliert wurden. Es war dieses leicht bedrohliche Gefühl, das man als Demonstrant*in leider immer wieder spürt, wenn große Polizei-Massen vor Ort sind. Durch den Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken gegen manche Aktivisti hat sich dieses Gefühl schnell in Angst umgewandelt. Der Polizei Einsatz wurde zwar bereits von vielen Seiten aus kritisiert, zeigt aber erneut deutlich, wo der Staat seine Prioritäten legt.
Das Verhalten von Stadt, Politiker*innen und Polizist*innen rund um die IAA hat uns in unserer Entschlossenheit noch bestärkt! Wütend und aufgeregt sind wir am Samstagmorgen also in die Bahn gestiegen, aufgeteilt in Fuß- und Fahrraddemonstrant*innen, und haben uns auf den Weg gemacht. Letzte Vorbereitungen wurden noch getroffen, Fahrräder geschmückt, Schilder und Fahnen verteilt. Zum Glück war die Polizei zumindest auf der Fahrraddemo nicht so präsent wie tags zuvor.
Die Stimmung auf der Rad-Demo war ausgelassen, etwas wütend und entschlossen. Am schönsten war es für uns alle zu sehen, wie viel Platz in der Stadt wir uns mit dem Fahrrad-Zug wieder zurückholen konnten.
Auch auf der Fuß-Demo herrschte eine sehr entschlossene Stimmung. Mit Demo-Sprüchen und Plakaten haben wir unseren Unmut gegenüber der IAA laut werden lassen. Als wir direkt vor dem Eingang der Auto-Messe vorbeizogen, riefen wir laut: „Die Klimakrise ist schon da, wir brauchen keine IAA“ und „Was ich gerne hätte, sind autofreie Städte“. Zu unserem Slogan „Wer nicht hüpft der ist für Autos, hey, hey“ sprangen alle Demo-Teilnehmenden auf der Straße herum. Die Besucher*innen der IAA kamen teilweise zum Eingang und schauten sich unseren Protest an. Was mag ihnen dabei wohl durch den Kopf gegangen sein?
Ob mit oder ohne Erklärung: Unsere Botschaft haben wir deutlich gemacht: In unseren Städten ist schon lange kein Platz mehr für SUVs und die Autolobby. Wir wünschen uns keine pseudo-ökologische Autoindustrie, die gemeinsam mit der Politik unsere Zukunft vor die Wand fährt. Wir fordern eine generelle Umverteilung vom öffentlichen Raum zugunsten von Fahrradfahrer*innen, Fußgänger*innen und dem öffentlichen Nahverkehr.
Diese Umverteilung ist eine System-Frage und muss von der Politik umgehend eingeleitet werden. Die Umsetzung der Mobilitätswende ist ein unvermeidbarer Schritt, wenn es um die Erreichung von Klimaneutralität geht.
Die Autoindustrie ist nicht mehr zeitgemäß. Da die Verkehrswende in den letzten Jahren nicht einmal ansatzweise ausreichend auf den Weg gebracht wurde, haben wir in unserem Protest auch nicht untergehen lassen, wie wichtig es ist, dass JETZT eine Umstrukturierung stattfindet. Die nächste Bundesregierung trägt die Verantwortung dafür die Mobilitätswende so schnell wie möglich und sozialgerecht umzusetzen.
Daher ist es umso wichtiger, zu zeigen, dass unser Protest mit dem IAA Wochenende lange noch kein Ende hat. Die Bundestagswahl in diesem Jahr entscheidet darüber, wie die Themen Mobilität und Verkehr sich in den nächsten Jahren entwickeln werden und damit auch über die Erreichung von Klimagerechtigkeit.
Deswegen gehen wir auch am 24.09.2021 zum internationalen Klimastreik, gemeinsam mit FridaysForFuture, auf die Straße, um die Relevanz der diesjährigen Bundestagswahl zu verdeutlichen. Wir fordern eine sozialgerechte Mobilitätswende und wir fordern sie jetzt! Bundestagswahl heißt Klimawahl! Am 24.09 gehen wir in Berlin und in anderen Städten auf die Straße. Finde hier Klimastreiks in deiner Nähe: Globaler Klimastreik am 24. September 2021 – Finde Deine Demo – #Klimastreik (klima-streik.org)
Blogbeitrag von Julia Rethwisch.