Vom schönen Leben in der Filterblase

In meiner facebook-Timeline ist die Welt noch in Ordnung. Demoaufrufe und Petitionen reihen sich dort nahtlos an feinstes FDP-Bashing. Wäre meine Kontaktliste unsere gewählte Volksvertretung, wären ein kompromissloser Atomausstieg, ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn oder ambitioniertere Klimaschutzziele morgen beschlossene Sache. Zu vergessen, dass das nicht der Fall ist, liegt gefährlich nahe.

Tatsächlich neigen wir in Zeiten von sozialen Netzwerken und Web 2.0. schnell dazu, unsere eigenen Kontakte und ihre Meinungen und Beiträge für den gesellschaftlichen Querschnitt zu halten. Experten nennen das „Filterblase“. Ein Beispiel: Wenn du auf Facebook vielen Umweltverbänden folgst und mit deren Mitgliedern befreundet bist, wirst du neben deren Beiträge selten flammende Plädoyers für die unglaubliche Effizienz der Atomkraft lesen.

Durch die leichte Vernetzung in sozialen Netzwerken werden Beiträge heute eher unter Gleichgesinnten ausgetauscht. Verschiedene Medien und Gesprächspartner gab es zwar schon früher, die Differenzierung wird durch Facebook oder Twitter allerdings viel leichter gemacht.

Soziale Medien übernehmen mittlerweile Funktionen klassischer Leitmedien: Von aktuellen Nachrichten und Entwicklungen erfahren wir immer öfter zuerst auf Facebook und stoßen so beispielsweise auf Links zu ausführlicheren Artikeln. Da auch nahezu alle politischen Akteure, Musiker, Künstler oder Veranstalter die Plattform für ihre Zwecke nutzen, wird Facebook Schritt für Schritt zum „Wohnzimmer des Internets“.

Genau wie in unsere privaten Wohnzimmer, erhält auch in unsere Facebook-Feeds nicht jeder Einlass, alles ist stark personalisiert. Gerade bei politisch organisierten und vernetzen Nutzer*innen führt das zu einer gefilterten Medienwahrnehmung, die oftmals gesellschaftliche Realitäten zu vernachlässigen droht.

Wer trotzdem einen weiten Horizont behalten möchte, sollte sich einfach mal mit einem möglichst konservativen Politiker „anfreunden“. Mein persönlicher Kontakt an die Außenwelt ist der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler. Der neoliberale Euro-Kritiker demonstriert mir jeden Tag auf’s Neue, dass das Leben manchmal doch nicht so schön ist, wie es scheint.

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