Vor kurzem war der 8.März. Weltfrauentag. Feministischer Kampftag. FLINT Streik.
Auf der Demo habe ich mich nicht willkommen gefühlt. Ich habe eine Rede darüber gehalten, wie enttäuscht eine Menge trans* Personen darüber sind, dass cis Feministinnen sich keine Mühe geben, inklusiver zu sein. Danach hat eine cis Feministin meinen Beitrag kommentiert und gesagt, in manchen Dingen werden wir uns wohl nie einig sein.
Dann habe ich gelesen, dass in Essen ein trans* Kollektiv namens trans*Fläche ein Haus besetzt hat. Sie haben auch ein Zine veröffentlicht mit verschiedenen Texten von trans* Personen darin. Meine Freude war nur von kurzer Dauer, denn ich habe sofort mitbekommen, wie unzählige Feministinnen und „linke“ Personen schlecht darüber geredet haben, und sehr viel Transfeindlichkeit in ihren Kommentaren gesehen.
Ich bin erschöpft von Feminismus.
Seit Jahren versuche ich Feministinnen zu erklären, dass ich existiere. Als nichtbinäre Person, nicht als Frau. Seit Jahren versuche ich zu erklären, dass ich im Feminismus mitgedacht werden muss und zwar als nichtbinäre Person, nicht als Frau. Sie nehmen mich in ihren Kämpfen auf, aber als Frau, nicht als nichtbinäre Person. Und einige meiner Geschwister schließen sie aus, als seien sie Männer und keine nichtbinären Personen. Wir sind vom Patriarchat betroffen, trans Frauen, trans Männer, nichtbinäre Personen, agender Personen. Uns wird jeden Tag unsere Existenz abgesprochen, die Selbstbestimmung über unsere Körper oder unsere Fortpflanzung. Viele von uns können ein Leben lang nicht den richtigen Namen oder Geschlechtseintrag in ihrem Ausweis stehen haben. All diese Probleme, die vom Feminismus angesprochen werden, sind keine frauenspezifischen Probleme, sie betreffen uns alle als Frauen, Lesben, inter, nichtbinäre und trans* Personen. Aber wenn sie „FLINT“ sagen, meinen sie „Frauen“. Wenn sie „Frauen“ meinen, meinen sie vor allem weiße, able-bodied Frauen.
Beim feministischen Streik wird Sorge-Arbeit bestreikt. Darunter auch emotionale Arbeit. Doch ich mache den ganzen Tag lang emotionale Arbeit; ich halte meine Wut und meine Verletztheit zurück; ich erkläre ruhig, was „trans*“ bedeutet, „nein, Geschlecht kann Menschen nicht angesehen werden“. Ich erkläre ruhig, warum Feminismus intersektional sein muss, was Feminismus mit Klimagerechtigkeit zu tun hat. Was Geschlecht mit Kolonialismus zu tun hat, wie Frauen und queere Menschen vom Klimawandel betroffen sind. Menschen benutzen nicht meine richtigen Pronomen, aber ich ignoriere es, ich lächle freundlich. „Nein, nein, kann doch jedem mal passieren.“ Wenn ich zur Gynäkologin gehe, denn für mich ist das keine Frauenärztin, spricht sie mich mit falschem Namen an und behandelt mich als sei ich eine Frau. Mein ganzer Körper krampft sich zusammen und ich fühle mich so nackt und falsch und kann mich nicht einmal darüber aufregen, dass sie mich auch fettfeindlich und ableistisch behandelt.
Und ich frage mich dann doch immer mal wieder, wie das sein kann. Dass nach Jahrhunderten von feministischen Kämpfen und Weiterentwicklung der feministischen Bewegung wir immer noch an diesem Punkt stehen. Denn dieser Feminismus wird das Patriarchat nicht abschaffen. Aber warum sollte er auch? Seien wir mal ehrlich, weiße akademische cis Feministinnen profitieren extrem vom Patriarchat. Deshalb wurde der Stonewall Riot ja auch von einer Schwarzen trans Frau und einer trans Frau of Color angeführt, die beide Sex Arbeiterinnen waren. Das Patriarchat beruht unter anderem auf dem sozialen Konstrukt Geschlecht. Feministinnen sprechen davon, das dekonstruieren zu wollen, aber werfen männlich gelesene Menschen aus dem FLINT Block? Weiße Studentinnen gehen auf die Straße, weil sie in ihrer WG öfter abspülen als ihre cis männlichen Mitbewohner. Versteht mich nicht falsch: Ich bin gegen alle Ungerechtigkeiten! Aber wo ist die Solidarität mit den Menschen, die vom Patriarchat viel härter getroffen werden? Wo sind all diese Feministinnen vom 8. März am Trans Remembrance Day, wenn wir an alle ermordeten trans* Menschen erinnern? Wo sind sie, wenn wir am Flughafen gegen eine Abschiebung protestieren? Wo ist die Solidarität mit Schwarzen und FLINT of Color, die in der Sorge Arbeit ausgebeutet werden oder mit Sex Arbeiter_innen und queeren Menschen?
Ich habe damit abgeschlossen. Vielleicht sagst du jetzt: Not all Feminists. Das stimmt. Ich freue mich schon darauf, die Beweise dafür zu sehen. Auch in der Klimagerechtigkeitsbewegung.
Reflektionsfragen für Dich:
- Was sind deine feministischen Forderungen?
- Wer profitiert von deinem Feminismus?
- Welche Positionen beziehst du noch nicht so oft in deine Nachdenkungen ein:
- inter Personen, trans* Personen, nichtbinäre Personen, FLINT* Personen die du eher männlich liest
- Black Indigenous und FLINT of Color, FLINT mit Fluchterfahrung, FLINT im Globalen Süden
- Sex Worker*innen
- fette, neurodiverse, und beHinderte FLINT
- arme FLINT, FLINT auf dem Land, FLINT in/aus Ostdeutschland
- FLINT, auf die mehrere dieser Merkmale zutreffen
- Woher bekommst du deine Informationen? Wem folgst du auf Social Media? Von wem kaufst du Bücher?
- Welche Informationen teilst du weiter? Sagst du dazu, woher die Konzepte kommen, die du benutzt? Wen lädst du z.B. als Referent_in/Redner_in ein bei Veranstaltungen und Demos?
Ein Beitrag von Freddie von (Locals United)
Weiter Informieren