Beim Youth Hub während der zweiten Woche der Klimakonferenz COP27[1] kamen interessierte Menschen aus der Klimagerechtigkeitsbewegung zusammen, um sich gemeinsam mit den Verhandlungen zu beschäftigen. Die Veranstaltung wurde von Aktiven aus dem Arbeitskreis Klima organisiert. Nach einem Austausch dazu, wie man sich in den Medien diskriminierungssensibel äußert und einem ersten Kennenlernen wurde in die Basics von Klimaverhandlungen eingeführt, indem wichtige Verhandlungsgruppen sowie zentrale Begriffe und Abkürzungen erläutert wurden. Außerdem wurde in Fokusgruppen an verschiedenen Themen wie Loss and Damage, Mitigation oder Klimagerechtigkeit gearbeitet. Daneben fanden Workshops und Gespräche mit Aktivist*innen von Friends of the Earth International und Germanwatch, einem ägyptischem Journalisten, debt for climate und OccupyCOP statt, die die Verhandlungen verfolgten und ihre Einschätzungen teilten. Dabei wurde immer wieder auf die schwierige Situation der Zivilgesellschaft – Einschränkung der Rede- und Versammlungsfreiheit – in Ägypten hingewiesen. Der prominenteste Fall ist Alaa, der seit einigen Jahren inhaftiert ist und zu Beginn der COP seinen Hungerstreik erweiterte und beschloss, nichts mehr zu trinken, um auf die Menschenrechtslage und insbesondere auf die Haftbedingungen (Folter, Misshandlung etc.) aufmerksam zu machen und die Freilassung aller politischen Gefangenen forderte. Die Aktivisti von OccupyCOP berichteten neben den Menschenrechtsverletzungen des Ägyptischen Regimes auch von der Klima- und Umweltzerstörung des Landes. Dort werden gesamte Städte neu gebaut, neue Straßen und sogar Atomkraftwerke errichtet. An den Menschenrechtsverletzungen habe die deutsche Regierung außerdem eine Mitverantwortung, da sie jedes Jahr den Export zahlreicher Waffen sowie militärischer Infrastruktur nach Ägypten genehmige, welche das Ägyptische Militär wiederum zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung nutze. Debt for Climate ging bei ihrem Workshop auf die Notwendigkeit eines Schuldenerlasses im Sinne der globalen Gerechtigkeit und des Klimaschutzes ein. Länder des globalen Südens würde es so ermöglicht, sich von den Folgen des Kolonialismus zu befreien.
Zudem berichteten die anderen Aktivisti, dass es einige logistische Schwierigkeiten vor Ort gab: Das WLAN war nicht gut und der Zugriff auf einige Websites von wichtigen Medien oder Menschrechtsorganisationen wie human rights watch wurde gesperrt[2]. Daneben war das Wasser oft knapp, Kaffee war nicht zu finden und das Essen vor Ort extrem teuer. Diese nicht erfüllten Grundbedürfnisse und Müdigkeit durch lange Verhandlungstage wirkten sich auf die Verhandlungen aus. Zudem wurde berichtet, dass Vertreter*innen der fossilen Industrie in hoher Zahl anwesend waren. Insgesamt waren die Aktivisti einerseits mit Blick auf die Verhandlungsergebnisse ernüchtert, aber andererseits empowert durch die Vernetzung mit anderen Organisationen.
Schadensersatzzahlungen für klimabedingte Schäden (loss and damage), die in vielen Ländern bittere Realität sind, waren bei dieser COP erstmals ein eigener Tagesordnungspunkt. Am Ende wurde in der Verlängerung der Verhandlungen auch eine Einigung erreicht. Industrieländer stimmten, ihrer historischen Verantwortung gemäß, der Einrichtung eines Finanztopf zu. Die genaue Ausgestaltung – wer zahlt bis wann wie viel ein?- ist jedoch noch unklar, weshalb die Wirksamkeit ungewiss ist[3] und Hilfe vermutlich zu spät kommt. Wenn die bisherigen Klimapläne der Staaten umgesetzt werden, gäbe es außerdem eine Erwärmung um 3 Grad[4]. Daneben wurde kein Ausstieg aus den Fossilen beschlossen, die bisherigen Anstrengungen reichen also nicht.
Auch die Teilnehmenden boten Workshops an. So beschäftigte sich ein Workshop mit Konsum und Bewusstsein und thematisierte Gefühle und Bedürfnisse hinter verschiedenen Handlungen. Des Weiteren fand ein Workshop zu Klimagerechtigkeit statt. In diesem wurde insbesondere auf die Initiative des Inselstaates Vanuatu eingegangen, der vom internationalen Gerichtshof ein Gutachten einfordern will, das darlegt, welche Verantwortung Staaten bei der Bekämpfung der Klimakrise und deren Folgen haben.
Neben den thematischen Inputs gab es noch einen Einblick in das 1×1 der PR, damit wir in Zukunft wissen, wie unsere Messages viel Reichweite erhalten.
Zudem wurden jeden Abend um 19 Uhr die Climate Youth News ausgestrahlt, die einen Überblick über den jeweiligen Verhandlungstag gaben und marginalisierten Gruppen eine Stimme gaben. Die Videos sind immer noch auf Youtube zu finden.
Der Tag endete immer mit einem abwechslungsreichen Abendprogramm. So wurde z.B. der Film „guardians of the earth“ über das Pariser Klimaabkommen geschaut, der spannende Einblicke hinter die Kulissen der Klimaverhandlungen gab. Daneben wurde sich bei der Activist Lounge in Form von Kurzvorträgen mit anschließender Diskussion über verschiedenste Umweltthemen ausgetauscht und der Vernetzungsabend bot die Möglichkeit sich gegenseitig Initiativen und Projekte oder auch Podcasts und Bücher vorzustellen.
Am Freitag gab es zum Ende eine gemeinsame Demo mit Fridays for Future, die lautstark durch das Regierungsviertel zog und vor dem Auswärtigen Amt endete. Dort wurde in der Abschlussrede, die zuvor gemeinsam mithilfe der Ergebnisse aus den Fokusgruppen geschrieben wurde, eindrücklich klar gemacht, dass die Ambitionen verstärkt werden müssen und ein Loss and Damage Fund unabdingbar ist: „Die verantwortlichen Menschen und großen Emittenten im globalen Norden sollten die Rechnung zahlen. Es ist unfair, dass wir im globalen Norden weiterhin emittierten können, aber so viele Menschen an anderen Orten bereits unter den Konsequenzen der Klimakrise leiden.“
Insgesamt war diese neue Form, die Klimaverhandlungen gemeinsam zu verfolgen, eine schöne Erfahrung, weshalb es nächstes Jahr, wo die COP in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfinden wird, höchstwahrscheinlich ein ähnliches Format geben wird.
[1] Conference of the Parties
[2]https://www.theguardian.com/environment/2022/nov/07/cop27-wifi-egypt-blocks-human-rights-key-news-websites
[3] https://www.fr.de/meinung/kommentare/cop27-un-klimakonferenz-klimagipfel-klimawandel-co2-emission-ergebnisse-91927463.html?utm_source=daily&utm_campaign=id-newsletter&utm_medium=email
[4] https://www.tagesschau.de/wissen/klima/klimakonferenz-cop-faq-101.html
Danke an Ida und Christian für diesen Beitrag!