Die Zeit ist reif

Jetzt die Agrarwende anpacken: Die BUND­jugend trommelt für eine sozial-ökologische Landwirtschaft – mit bunten Protesten, aber auch als Stimme junger Menschen in einer wichtigen Zukunftskommission.

Fotoapparate klicken, Fernsehkameras und Handys filmen. Hühner, Kühe, Schweine und ein ganzer Bienenschwarm mischen die Stadt bei einer Protestaktion auf – ein tierisches Spektakel! In ihren Kostümen fordern die Aktiven der BUNDjugend eine nachhaltige Landwirtschaft. Viel müsse sich auf dem Acker ändern, und zwar schnell.

WANDEL UND WEICHEN

»Was wir essen und wie Lebensmittel hergestellt werden, ist superrelevant für unsere Zukunft«, sagt Celia Zoe Wicher. Die 29-Jährige zählt auf: »Monokulturen, Über­düngung, Massentierhaltung, Artenschwund, Klimakrise: Wir zerstören die Umwelt, wenn wir so weitermachen wie bisher.« Es reiche nicht, wenn Einzelne hier und da ihr Kaufverhalten änderten. Celia geht es um das große Ganze: »Wir müssen jetzt die richtigen Weichen für den Wandel stellen.«
Als Angela Merkel im September zum Thema Landwirtschaft spricht, macht die Berlinerin mit weiteren Aktivist*innen der BUNDjugend ihrem Ärger Luft. Die Aktion läuft natürlich Corona-konform ab, mit genügend Abstand und Mundschutz. Aber eben nicht nur als virtuelle Kampagne im Internet, sondern auf der Straße und somit für alle sichtbar. Die BUNDjugend protestiert nicht abseits des Geschehens, sondern direkt vor dem Zaun des Kanzleramts: »Es ist wichtig, dass wir unsere Botschaft ins Herz der Politik tragen und möglichst viele das mitbekommen.«

DEMO UND CAMP

Damit das klappt, müssen Aktionen bunt und kreativ sein. Proteste in Kostümen sorgen immer für Aufmerksamkeit. Und so verleiht die Bundesgeschäftsstelle der BUNDjugend inzwischen viel Material an ihre Aktiven. Die können fast 100 Kostüme bestellen – und als Maiskolben gegen die Gentechnik, als Huhn gegen die Massentierhaltung oder als Eisbär gegen die Klimakrise demonstrieren.
Auf diesen Fundus greift auch Moritz Tapp zurück. Der 19-Jährige ist nicht nur ehrenamtlich im Bundesvorstand der BUNDjugend aktiv. Seit August absolviert er auch ein Freiwilliges Ökologisches Jahr bei der BUNDjugend in Rheinland-Pfalz. »Als ich hörte, dass bei uns in Koblenz die Landwirtschafts­ministerin mit den EU- Kolleg*innen berät, wie die Agrarsubventionen künftig verteilt werden, war klar: Ich will eine Aktion ins Leben rufen!« Bei einer kleinen Demo bleibt es nicht: Moritz und andere Aktive stellen ein dreitägiges Protestcamp auf die Beine.

EINBLICK UND VERBÜNDETE

Nah am Ort des Geschehens schlagen sie auf einer Wiese am Rheinufer ihre Zelte auf. Für Moritz Tapp eine besondere Erfahrung: »Mich hat total gefreut, dass wir dadurch mit vielen Bauern und Bäuerinnen in Kontakt gekommen sind. Mit ihnen müssen wir das Gespräch suchen, damit die BUNDjugend nicht nur als Gegner erkannt wird. Am Ende fordern wir ja fast alle, dass sich etwas ändert!«
Als Konsequenz daraus will Moritz im nächsten Jahr eine Reihe von Exkursionen organisieren, damit Interessierte vor Ort erleben, wie die konventionelle Landwirtschaft funktioniert und welche Alternativen es gibt. So will er einen Hof, der nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft arbeitet, von Frühling bis Herbst immer wieder besuchen. »Wer weiß, worauf es den Bauern ankommt, kann viel besser argumentieren.« Und findet vielleicht neue Verbündete im Kampf gegen die oft skandalösen Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft und Agrarindustrie.

GESPRÄCH UND KOMISSION

Agrarwende jetzt! Die Forderungen der BUNDjugend schafften es in Koblenz in die Medien und wurden auch von Julia Klöckner registriert. Plötzlich klingelte bei Moritz Tapp das Handy, es war das Büro der Ministerin. »Da wir als einziger Verband der Jugendumweltbewegung vor Ort waren, wurden wir mit anderen Organisationen zu einem Gespräch eingeladen«, erzählt er. »Es ist gut, dass wir Jungen gehört werden, wenn es um etwas so Wichtiges geht wie die Zukunft unserer Landwirtschaft.«
Eine vielköpfige Kommission erarbeitet im Auftrag der Bundesregierung derzeit Empfehlungen und Vorschläge für eine nachhaltige Landwirtschaft. Neben dem BUND ist auch die BUNDjugend präsent, als einer von zwei Jugendverbänden. Myriam Rapior vom Bundesvorstand hat das Ehrenamt übernommen. Ihr erster Eindruck: »Es findet eine echte Debatte statt, und als Jugend sitzen wir nicht in der letzten Reihe – das stimmt mich hoffnungsvoll.«
Auch hier drückt die BUNDjugend aufs Tempo: Die Kommission soll ja kein Debattierklub sein. »Ich werde darauf achten, dass wir Lösungen finden, die schnell umgesetzt werden«, so Myriam Rapior. Die 24-Jährige erzählt, welche Wirkung Klimastreiks und andere Proteste haben. »Unsere Aktionen werden von Politik, Wissenschaft und Verbänden wahrgenommen. Es hilft enorm, dass die Leute auf die Straße gehen. Es braucht diesen Druck, damit jetzt endlich Reformen kommen: Wir können einfach nicht mehr länger warten.«

Text und Fotos: Helge Bendl (www.helgebendl.com). Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved. Dieser Beitrag erschien zuerst im BUNDmagazin 04/2020. 
https://www.bund.net/service/publikationen/detail/publication/bundmagazin-4-20/


MEHR ZUM THEMA
Für 2020 plant die BUNDjugend Rheinland-Pfalz einige Exkursionen zu einem Hof mit solidarischer Landwirtschaft (www.bundjugend-rlp.de). Infos über Aktionen der Kampagne »Wir haben es satt« gibt’s auf www.bundjugend.de

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